Kapselendoskopie
Es hat etwas von einem „Zurück in die Zukunft“-Film: Man schluckt eine Kamera in Form einer Kapsel, die dann durch den Körper wandert und kann so beispielsweise Krankheiten wie beispielsweise Darmkrebs erkennen - und zu nahezu 100 Prozent heilen. Im Interview erklärt Dr. med. Lars D. Lamberz, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie im Gastroenterologischen Zentrum Dr. Heuer in Bielefeld, wie die Kapsel-Endoskopie, eine revolutionäre Methode zur Darm-Diagnostik, funktioniert.
Gastro News: Herr Dr. Lamberz, was genau ist eine Kapsel-Endoskopie?
Dr. Lamberz: „Die meisten kennen die Endoskopie als sogenannte „Spiegelung“, beispielsweise die Magen- oder Darm-Spiegelung. Die Kapsel-Endoskopie ist eine innovative und unkomplizierte Art, sich den Darm genau anzuschauen und einen genauen Blick in das Körperinnere zu werfen. Die Kapseln - für Dünn- und Dickdarm werden unterschiedliche verwendet - sind Kameras in der Größe einer Vitaminpille, die der Patient schluckt.“
Gastro News: Eine Kamera, die der Patient schluckt? Wie funktioniert das?
Dr. Lamberz: „Nachdem sie geschluckt wurde, gleitet die Pillenkamera vom Patienten unbemerkt durch das Verdauungssystem und filmt den Menschen quasi von innen. Die Kamera schickt dann die Bilder parallel auf ein mobiles Aufnahmegerät, was am Körper getragen wird. Auf diesem Gerät werden die Bilder gespeichert.“
Gastro News: Warum macht man eine Kapsel-Endoskopie?
Dr. Lamberz: „Die Untersuchung mit der Pillenkamera ist sehr genau beim Auffinden von Schäden im Dünndarm, oder aber zur Abklärung, wenn eine Darm-Diagnose nicht eindeutig ist. Die Kapsel-Endoskopie wird eingesetzt bei unklaren Blutungen oder Anämien und Entzündungen wie Morbus Crohn. Bei chronischen Darmkrankheiten kann man mithilfe der Kamera zum Beispiel genau nachschauen, inwieweit auch der Dünndarm befallen ist.“
Gastro News: Kann die Kapsel-Endoskopie auch eine normale Darmspiegelung ersetzen?
Dr. Lamberz: „Laut der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) ersetzt die Kapsel-Endoskopie nicht die Magen- oder Darmspiegelung. Jedoch halten Experten sie für eine sinnvolle Untersuchungsmethode für all diejenigen Patienten, die aus Angst oder Scham keine herkömmliche Spiegelung durchführen lassen wollen, oder bei denen eine vollständige Darmspiegelung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. Sie kommt auch für die Bereiche des Dünndarms in Einsatz, die mit der Kamera besser erreicht werden können.“
Gastro News: Bezahlt das die Krankenkasse?
Dr. Lamberz: „Das kommt darauf an. Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Spiegelung des Dünndarms unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich zum Aufklären von unklarer Blutarmut, wenn in den letzten drei Monaten vor der Kapseluntersuchung eine Magen- und Darm-Spiegelung zu keinem Ergebnis geführt hat. Die Dickdarm-Spiegelung mit der Kapsel-Endoskopie wird nicht von den gesetzlichen Kassen übernommen, allerdings von den meisten privaten.“
Gastro News: Wie muss ich mich auf die Untersuchung vorbereiten?
Dr. Lamberz: „Ausschlaggebend für eine gute Diagnostik ist die Qualität der Bilder, die die Kamera aufnimmt. Dafür muss der Darm sauber sein. Deshalb wird wie bei der gängigen Darmspiegelung auch vor dem Schlucken der Pillenkamera eine Darmspülung durchgeführt. Diese ist schmerzfrei und Patienten brauchen auch keine Angst haben - man schafft es durchaus noch problemlos zur Toilette.“
Gastro News: Und wie läuft die Untersuchung ab?
Dr. Lamberz: „Zuallererst wird das mobile Aufzeichnungsgerät auf dem Körper des Patienten angebracht, meist auf dem Bauch. Als nächstes schluckt der Patient die Pillenkamera. Der Arzt überprüft dann nach einer gewissen Zeit auf seinem Bildschirm, ob alles funktioniert, die Bilder aufgezeichnet werden. Nach zwei Stunden darf man wieder trinken, nach vier Stunden wieder etwas essen. Nach acht Stunden wird dem Patienten in der Praxis das Gerät wieder abgenommen. Die Kamera wird nach einer gewissen Zeit über den Stuhlgang wieder ausgeschieden - auch das ist völlig ungefährlich.“
Gastro News: Wie kommen Sie zur Diagnose?
Dr. Lamberz: „Wir in der Praxis Dr. Heuer übertragen die Daten vom Aufnahmegerät auf den Computer. Den Film schaue ich mir dann in Ruhe an und komme auf Basis der Bilder der Schleimhäute zu einer Diagnose. Diese besprechen wir dann mit dem Patienten in der nächsten Sprechstunde.“
Gastro News: Danke für das Interview, Herr Dr. Lamberz!